Wer unter dem Einfluss von Alkohol und Medikamenten ein Fahrzeug führt, handelt grob fahrlässig – auch wenn keine absolute Fahruntüchtigkeit festgestellt werden kann. Das Amtsgericht Frankfurt am Main urteilte: Die Vollkaskoversicherung ist in solchen Fällen leistungsfrei. Eine relative Fahruntüchtigkeit reicht aus, wenn typische Ausfallerscheinungen vorliegen.
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Auch bei relativer Fahruntüchtigkeit durch die Kombination aus Medikamenten und Alkohol kann eine Vollkaskoversicherung die Leistung verweigern. Das Amtsgericht Frankfurt am Main sah im Verhalten des Fahrers grobe Fahrlässigkeit – trotz fehlender beweissicherer BAK.
Der Fall: Rotwein, Medikamente und eine Bordsteinkollision
Ein Autofahrer hatte am Abend Antidepressiva eingenommen und drei bis vier Gläser Rotwein getrunken. Trotz dieses Mischkonsums setzte er sich ans Steuer seines Smarts – und kollidierte kurz darauf mit einem Bordstein. Er fuhr dennoch weiter, wobei er mit einem Vorderrad nur noch auf der Felge unterwegs war.
Die Polizei hielt ihn an und ließ eine Blutprobe entnehmen. Diese ergab zwar keine beweissichere Blutalkoholkonzentration (BAK), doch das Gericht ging von relativer Fahruntüchtigkeit aus – basierend auf dem Fahrverhalten und den Aussagen der Beamten.
Gericht: Relative Fahruntüchtigkeit reicht aus
Das Amtsgericht Frankfurt am Main erkannte im Verhalten des Fahrers eine alkoholbedingte Ausfallerscheinung – trotz unvollständiger BAK-Analyse. Typische Symptome: die grundlose Kollision mit dem Bordstein und das Weiterfahren auf der Felge. Diese Ereignisse deuteten klar auf eine Beeinträchtigung hin, die durch Alkohol und Medikamente ausgelöst wurde.
Der Autofahrer wurde strafrechtlich wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt. Seine Klage gegen die Kaskoversicherung auf Erstattung des Schadens in Höhe von 4.261,66 Euro blieb erfolglos.
Grobe Fahrlässigkeit schließt Kaskoschutz aus
Die Versicherung verweigerte die Leistung mit der Begründung, der Fahrer habe den Schaden grob fahrlässig selbst herbeigeführt. Das Gericht folgte dieser Einschätzung. Insbesondere die Kombination von Medikamenten und Alkohol sei risikobehaftet – und allgemein bekannt. Ein verantwortungsbewusster Fahrer hätte erkennen müssen, dass er nicht fahrtauglich war.
Dass die Fahruntüchtigkeit nur „relativ“ festgestellt wurde, ändert laut Gericht nichts am Verschulden. Die Unterscheidung sei lediglich ein Beweisproblem, nicht aber ein Milderungsgrund.
Fazit für Versicherte
Auch wer keine absolute, sondern nur relative Fahruntüchtigkeit aufweist, riskiert den Verlust des Kaskoschutzes. Auffälliges Fahrverhalten und die Kombination mit Medikamenten können ausreichen, um grobe Fahrlässigkeit zu begründen. Wer solche Risiken ignoriert, muss im Schadenfall selbst zahlen.
Urteilsangabe:
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.12.2017 – Az. 31 C 1869/10 (17)
