Wer bei Rot über eine Ampel fährt, riskiert nicht nur Bußgelder und Punkte – auch der Versicherungsschutz der Vollkasko kann eingeschränkt sein. Selbst wenn die Sicht durch Sonneneinstrahlung beeinträchtigt ist, bleibt die Verantwortung beim Fahrer. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Münster deutlich.
Hintergrund des Falls
Eine Autofahrerin fuhr bei Rotlicht in eine Kreuzung ein und verursachte einen Unfall. Sie behauptete, von der Sonne geblendet worden zu sein und die Ampel daher nicht richtig erkannt zu haben. Während die Haftpflichtversicherung für den Schaden des Unfallgegners aufkam, sollte die Vollkaskoversicherung den Schaden an ihrem eigenen Fahrzeug in Höhe von 16.865,73 Euro übernehmen.
Die Versicherung sah jedoch ein grob fahrlässiges Verhalten und zahlte nur 50 % der Summe. Grundlage war § 81 Abs. 2 VVG, der bei grober Fahrlässigkeit eine Kürzung der Versicherungsleistung erlaubt.
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Wer bei Rot in eine Kreuzung einfährt, handelt grob fahrlässig – auch bei Blendung durch die Sonne. Die Kaskoversicherung darf in solchen Fällen die Leistung kürzen. Das Landgericht Münster sah in dem Verhalten der Fahrerin einen besonders schweren Verstoß und hielt eine Kürzung um 50 % für gerechtfertigt.
Gerichtliche Bewertung
Die Klägerin argumentierte, sie sei durch die Sonne geblendet worden und habe deshalb nicht erkennen können, welche Farbe die Ampel zeigte. Zeugen bestätigten jedoch, dass die Ampel klar auf Rot stand und die Fahrerin trotzdem in den Kreuzungsbereich einfuhr.
Das Gericht bewertete dieses Verhalten eindeutig als grob fahrlässig. Gerade an Kreuzungen sei besondere Aufmerksamkeit erforderlich. Wer bei Unsicherheit über die Ampelstellung losfährt, handelt fahrlässig – erst recht, wenn andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden könnten.
Zitat des Gerichts:
„Kreuzungen bei Rot zu überqueren stellt einen schwerwiegenden Pflichtverstoß dar – das gilt auch bei Blendung durch die Sonne.“
Grobe Fahrlässigkeit und ihre Folgen
Nach § 81 Abs. 2 VVG ist ein Versicherer bei grober Fahrlässigkeit berechtigt, seine Leistung zu kürzen. Die Höhe der Kürzung hängt vom Grad des Verschuldens ab. Im vorliegenden Fall bewertete das Landgericht Münster den Verstoß als grob fahrlässig „mittleren Grades“ und stufte eine Kürzung um 50 % als angemessen ein.
Die Fahrerin hatte sich auf ihre subjektive Einschätzung verlassen, anstatt sich objektiv zu vergewissern, welche Ampelfarbe galt. In einer solchen Situation hätte sie vorsichtiger handeln müssen – etwa langsam an die Kreuzung heranfahren und warten, bis eine klare Sicht auf die Ampel besteht.
Relevanz für den Alltag
Das Urteil zeigt: Auch scheinbar nachvollziehbare Gründe wie Blendung durch die Sonne entbinden Autofahrer nicht von ihrer Sorgfaltspflicht. Wer sich nicht sicher ist, wie die Ampel steht, muss stehenbleiben oder die Situation eindeutig klären. Wer bei Rot fährt, riskiert neben Bußgeld und Punkten auch eine massive Einschränkung seines Versicherungsschutzes.
Fazit
Das Landgericht Münster bestätigte, dass das Verhalten der Klägerin einen besonders schweren Fall grober Fahrlässigkeit darstellte. Die Kürzung der Versicherungsleistung um 50 % sei daher gerechtfertigt gewesen. Das Urteil dient als eindringliche Erinnerung daran, wie wichtig eine aufmerksame und vorsichtige Fahrweise ist – insbesondere an Ampeln und Kreuzungen.
