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Bei winterlichen Wetterbedingungen wie Schneefall und Glatteis stellt sich die Frage, wer für die Sicherheit auf Straßen und Gehwegen verantwortlich ist. Die sogenannte Streupflicht regelt, wer wann und wo Räum- und Streuarbeiten durchführen muss, um Unfälle zu vermeiden. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, die Verantwortlichkeiten von Kommunen, Anliegern und Eigentümern sowie die Konsequenzen bei Pflichtverletzungen. Zudem werden praktische Tipps und wichtige Gerichtsurteile vorgestellt, die für ein besseres Verständnis der Thematik sorgen.
Rechtliche Grundlagen der Streupflicht
Die Verkehrssicherungspflicht ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Rechts. Sie verpflichtet Eigentümer von Straßen, Gehwegen und öffentlichen Flächen, diese in einem sicheren Zustand zu halten. Bei winterlichen Verhältnissen bedeutet dies, dass Schnee geräumt und Streumittel wie Splitt oder Salz ausgebracht werden müssen. Die genauen Regelungen variieren jedoch je nach Bundesland und Kommune.
- Streupflicht auf Straßen
Kommunen und der Staat sind für die Räumung und Streuung von Hauptverkehrsstraßen und besonders gefährlichen Stellen wie Brücken oder Steigungen verantwortlich. Auf Nebenstraßen und in ländlichen Gebieten wird oft nicht gestreut, was durch entsprechende Hinweisschilder angekündigt wird. Autofahrer müssen hier besonders vorsichtig fahren und mit Glätte rechnen.
- Streupflicht auf Gehwegen
In den meisten Kommunen wird die Verantwortung für Gehwege an die Anlieger übertragen. Das sind in der Regel Mieter oder Eigentümer angrenzender Grundstücke. Diese müssen abstumpfende Mittel wie Splitt oder Sand verwenden, um Rutschgefahren zu minimieren. Ein durchgehend eisfreier Gehweg ist nicht erforderlich – ein ausreichend breiter Streifen für Fußgänger reicht aus.
Praktische Umsetzung der Streupflicht
- Zeitliche Vorgaben
Die Räumung und Streuung sollte in der Regel bis 7 Uhr morgens abgeschlossen sein, um Berufstätigen und Schülern einen sicheren Weg zu ermöglichen. Bei anhaltendem Schneefall oder gefrierendem Regen sind jedoch Pausen erlaubt. Nachts besteht keine Streupflicht, es sei denn, es handelt sich um besonders gefährliche Stellen.
- Umweltfreundliche Streumittel
Viele Kommunen empfehlen den Einsatz von abstumpfenden Mitteln wie Splitt oder Sand statt Salz. Salz ist zwar effektiv, kann jedoch die Umwelt schädigen und zu Korrosion an Fahrzeugen und Gebäuden führen.
- Beauftragung von Dienstleistern
Wer die Räumung an eine Firma oder einen Hausmeisterdienst überträgt, sollte regelmäßig überprüfen, ob die Arbeiten ordnungsgemäß ausgeführt werden. Bei Pflichtverletzungen haftet der Auftraggeber, wenn er keine Kontrollen durchführt.
Konsequenzen bei Pflichtverletzungen
Wer seiner Streupflicht nicht nachkommt, haftet bei Unfällen für Schäden. Dazu zählen nicht nur Behandlungskosten, sondern auch Schmerzensgeld und in schweren Fällen sogar lebenslange Rentenzahlungen. Eine Privathaftpflichtversicherung übernimmt diese Kosten, weshalb jeder eine solche Police besitzen sollte. Bei grober Fahrlässigkeit können jedoch auch strafrechtliche Konsequenzen wie Bußgelder oder Anklagen wegen fahrlässiger Körperverletzung drohen.
Wichtige Gerichtsurteile zur Streupflicht
- Keine Streupflicht außerhalb von Ortschaften
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass Kommunen außerhalb geschlossener Ortschaften nur an besonders gefährlichen Stellen streuen müssen. Autofahrer müssen auf Landstraßen und Nebenstraßen mit Glätte rechnen. (Aktenzeichen: BGH III ZR 14/88)
- Bußgeld trotz Glätte
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf urteilte, dass Autofahrer bei schlechten Wetterverhältnissen so langsam fahren müssen, dass sie jederzeit anhalten können. Rotlichtverstöße werden auch bei Glätte bestraft. (OLG Düsseldorf; 5 Ss OWi 451/91)
- Keine Streupflicht um 5 Uhr
Das Landgericht Itzehoe entschied, dass Autofahrer nicht erwarten können, dass Straßen vor 7 Uhr gestreut werden. Bei Glatteisunfällen liegt die Verantwortung beim Fahrer, die Witterungsverhältnisse zu berücksichtigen. (LG Itzehoe, 3 O 239/98)
- Stadt muss bezahlen
Das OLG Nürnberg verurteilte eine Gemeinde zur Zahlung von Schmerzensgeld, da sie eine viel genutzte Fußgängerbrücke nicht ausreichend gestreut hatte. (OLG Nürnberg, 4 U 1473/96)
- Schilder reichen
Das OLG Köln urteilte, dass Hausbesitzer Wege zu Nebengebäuden nicht streuen müssen, solange Warnschilder vorhanden sind. (OLG Köln, 6 U 187/92)
Praktische Tipps für Anlieger
- Rechtzeitig streuen: Beginnen Sie morgens früh mit der Räumung, um Berufstätigen einen sicheren Weg zu ermöglichen.
- Abstumpfende Mittel verwenden: Nutzen Sie Splitt oder Sand statt Salz, um die Umwelt zu schonen.
- Überprüfung bei Beauftragung: Wenn Sie eine Firma mit der Räumung beauftragen, kontrollieren Sie regelmäßig die ordnungsgemäße Ausführung.
- Warnschilder aufstellen: Bei nicht geräumten Bereichen wie Parkplätzen oder Nebengebäuden können Warnschilder die Haftung reduzieren.
Fazit
Die Streupflicht bei Schnee und Eis ist eine wichtige Maßnahme, um Unfälle zu vermeiden. Während Kommunen für Hauptstraßen und gefährliche Stellen verantwortlich sind, liegt die Pflicht für Gehwege oft bei den Anliegern. Wer seiner Verantwortung nicht nachkommt, riskiert Schadensersatzforderungen und strafrechtliche Konsequenzen. Eine Privathaftpflichtversicherung und die Kenntnis wichtiger Urteile können dabei helfen, rechtliche Risiken zu minimieren.
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