Von Banken gelobt, von Verbraucherschützern verflucht, stellen Restschuldversicherungenzu jeder Form von Ratenkrediten und in Kombination mit revolvierenden Kreditrahmen ein kontrovers diskutiertes Thema dar. Die Versicherung dient eigentlich zur Absicherung der Kreditraten bei Tod, Arbeitslosigkeit und Berufsunfähigkeit/Krankheit; falsche Einschätzungen der Policen dienen jedoch nicht der Absicherung existenzieller Risiken, sondern sichern lediglich die Kreditwürdigkeit des Antragstellers. Doch bei fairen Konditionen und verbraucherfreundlicher Tarifgestaltung ist die Restschuldversicherung eventuell eine sinnvolle Investition.
Pro Restschuldversicherung
Absicherung des Restkredites - Bei unvorhergesehenen Ereignissen wie Unfall, Tod, Arbeitslosigkeit oder Krankheit des Kreditnehmers springt eine Restschuldversicherung ein und übernimmt die monatlichen Raten bzw. löst den Kredit durch eine einmalige Zahlung ab. Bei Arbeitslosigkeit ist jedoch einerseits zu beachten, dass diese in der Versicherung abgedeckt ist und dass andererseits im Schadensfall ein Nachweis für die unverschuldete Situation vorliegt. Ist die Arbeitslosigkeit durch eigenes Verschulden entstanden und wird seitens der Arbeitsagentur mit einer Sperrzeit belegt, greift der Versicherungsschutz nicht.
Im Ernstfall schnelle Auszahlung
Während Risikolebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen im Ernstfall lange Vorlaufzeiten von mindestens sechs Monaten haben, bis es zu einer Auszahlung kommt, treten Restschuldversicherungen zügig für den Kreditnehmer ein. Gerade bei der Finanzierung von Immobilien und Autokrediten, die vergleichsweise hohe Raten mit sich bringen, kann z. B. eine Arbeitslosigkeit oder lange Krankheit schnell zu finanziellen Engpässen und Zahlungsverzug führen. Bei einer Senkung der Bezüge auf bis zu 60 % des Nettoeinkommens durch Arbeitslosen- oder Krankengeld entfällt meist jener Teil des Einkommens, der für die Raten des Kredites zur Verfügung stand. Die Folgen: Kündigung des Kredits, negative Schufa-Einträge und ein gerichtliches Mahnverfahren.
Keine vorvertragliche Gesundheitsprüfung nötig
Im Gegensatz zu Risikolebensversicherungen haben RSV den Vorteil, dass bei Vertragsabschluss in der Regel keinerlei Gesundheitsprüfungen vorgenommen werden. Allerdings ist zu beachten, dass im Schadensfall eine Überprüfung erfolgen kann, ob bestehende und bekannte Vorerkrankungen, Suchterkrankungen, Arbeitsunfähigkeit infolge von Schwangerschaft oder gar Selbstmord zum Versicherungsfall führten. Hier wird die Übernahme der Zahlungen in der Regel verweigert.
Alles aus einer Hand
Wird die Versicherung zusammen mit dem Autokredit abgeschlossen, zahlt der Kreditnehmer lediglich eine monatliche Rate für die Tilgung des Kredites und die RSV. Der Kreditnehmer tritt dabei alle Ansprüche an das Kreditinstitut ab, das im Schadensfall automatisch einspringt und die Zahlung des Kredites übernimmt. Erfolgt der Abschluss hingegen separat bei einer anderen Bank, erhält der Versicherungsnehmer im Schadensfall eine monatliche Rate, die er an das Kreditinstitut weiterleiten muss.
Die Vorteile der Restschuldversicherung im Überblick:
Absicherung des Restkredites bei Arbeitsunfähigkeit, Unfall, Krankheit oder Tod
Weltweiter Schutz rund um die Uhr
Schnelle Auszahlung im Versicherungsfall
Abschluss ohne Gesundheitsprüfung
Contra Restschuldversicherung
Altersbegrenzung
Da mit steigendem Alter das Risiko von Erkrankungen und Langzeitarbeitslosigkeit steigt, ist der Abschluss der Versicherungen vielfach auf ein Höchstalter begrenzt. Auch zahlen Männer mehr als Frauen, da sie eine durchschnittlich geringere Lebenserwartung haben.
Hohe Kosten
Verbraucherschützer kritisieren insbesondere die hohen Kosten der Restschuldversicherung, die für Vertragsnehmer zunächst nicht deutlich sind: Versicherungsprämien werden nicht im Effektivzins ausgewiesen, wodurch die möglicherweise doppelt so hohen Finanzierungskosten nicht ersichtlich sind. Die Höhe der Versicherungsraten steigt dabei mit dem Alter des Kreditnehmers, der Kreditsumme und der Laufzeit an.
Wenngleich die Versicherungspflicht bei einem Kreditabschluss rechtlich untersagt ist, wird der Vertragsabschluss de facto häufig an den Abschluss der RSV gekoppelt. Gerade bei kurzfristigen Kleinkrediten stellt dies jedoch einen unnötigen Kostentreiber dar. Vorteile durch niedrige Zinssätze werden durch den obligatorischen Abschluss der Versicherung häufig wieder ausgeglichen. Wird keine RSV abgeschlossen, entfallen häufig die Sonderkonditionen, sodass der Zinssatz am Ende der gleiche ist. Dementsprechend wird die Versicherung häufig als zusätzliche Einnahmequelle und Absicherung für Banken ohne Mehrwert für den Verbraucher abgetan.
Mangelnde Klarheit in den Vertragsbedingungen
Da es kein einheitliches Bedingungswerk für Restschuldversicherungen gibt, finden sich zahlreiche Einschränkungen, Ausschlüsse und Unklarheiten in den Verträgen. Die Aufklärung und Beratung ist hier häufig mangelhaft. Wenngleich viele Versicherer bei Abschluss des Vertrages auf eine vorvertragliche Überprüfung der Gesundheit verzichten, wird im Eintritt des Versicherungsfalles entschieden, ob ein Ausschlussgrund vorgelegen hat, der zu einer Verweigerung der Zahlung führt. Dies sind häufig z. B. psychische Erkrankungen des Versicherungsnehmers.
Die Nachteile der Restschuldversicherung im Überblick
Keine Übernahme der Kreditraten bei bestehenden Vorerkrankungen
Abschluss meist nur bis zu einem gewissen Alter möglich
Gesamtkosten für den Kredit steigen deutlich, Zinsvorteile gehen verloren
Häufig mangelnde Aufklärung und Beratung des Kunden bzgl. Alternativangeboten
Bei Kleinkrediten mit kurzen Laufzeiten nicht zweckmäßig, dennoch ist der Abschluss einer Restschuldversicherung häufig obligatorisch
Viele Kreditgeber kooperieren mit einem einzigen Versicherer, dadurch fehlt es an Vergleichsmöglichkeiten
Fazit:
Grundsätzlich ist eine Restschuldversicherung nicht verkehrt, wenn keinerlei finanzielle Sicherheiten oder Rücklagen vorhanden sind. Wer eine Versicherung abschließt, sollte jedoch unbedingt auf ein monatliches Kündigungsrecht (mindestens zum Jahresende) und monatliche Beitragszahlungen achten. Von Verträgen, bei denen die Gesamtprämie vorfinanziert wird und die bei einer Kündigung hohe Stornokosten vorsehen, sollte Abstand genommen werden. Auch lohnt sich ein Vergleich: Die Versicherung muss nicht zwingend beim finanzierenden Autohaus abgeschlossen werden – möglicherweise bieten andere Banken günstigere Angebote an. Darüber hinaus sollte die Versicherungssumme den Kreditbetrag decken und sich am Tilgungsplan orientieren. Die Überschussbeteiligung sollte als Beitragsverrechnung, nicht als Todesfallbonus erfolgen, um eventuelle Lücken durch Fehlkalkulationen des Versicherers zu vermeiden. Sollte eine vorvertragliche Gesundheitsprüfung stattfinden, geben Sie alle bekannten Krankheiten an, um im Todesfall nicht nur die eingezahlten Beiträge, sondern die gesamte Versicherungssumme zu erhalten.
Weitere Tipps zum Versicherungsvergleich hat die Stiftung Warentest hier zusammengestellt.
Mögliche Alternativen
In jedem Fall lohnt es sich, das Risiko von Eventualitäten wie Arbeitslosigkeit vorher abzuwägen: Evtl. kann die Kreditrate auch mit dem ALG I erbracht werden, wenn gute Chancen auf einen neuen Arbeitsplatz bestehen. Alternativ ist zu bedenken, ob nicht eine Risikolebensversicherung oder kapitalbildende Versicherungen die bessere Wahl sind, um die Familie im Ernstfall abzusichern und die hohen Kosten zu umgehen - sofern sich der Zeitraum bis zur Auszahlung überbrücken lässt. Gerade bei Autokrediten und anderen hochwertigen Produkten sollten Verbraucher außerdem bedenken, dass die Finanzierung dem Erwerb eines langlebigen Konsumgutes dient. Dementsprechend kann dieses im Ernstfall sowohl vom Kreditnehmer als auch von den Angehörigen veräußert und der Erlös zur Ablösung des Kredites genutzt werden.
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